Nach dem Volksbegehren Artenschutz gab es für mich noch ein offenes Thema:

Auch beim Klimaschutz müssen die Bürger:innen selbst tätig werden. Sonst verpassen wir das Zeitfenster für den Erhalt der Lebensgrundlage.

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Fast 2 Jahre überwiegend ehrenamtliches Engagieren für ein Klima-Volksbegehren

Zuerst hatte ich die Vorstellung, zusammen mit dem Omnibus für direkte Demokratie an einem Bündnis zu arbeiten, das sich für eine deutschlandweite Kampagne einsetzt. Obwohl ein Volksentscheid auf nationaler Ebene noch gar nicht existiert.

Dazu muss man wissen, dass mit den GRÜNEN die letzte Bundespartei den Volksentscheid aus dem Grundsatzprogramm nahm. Kurz vor der Bundestagswahl 2021, dem Jahr, in dem die GRÜNEN  laut Umfragen in einer künftigen Regierungskoalition gesehen wurden. Das ist umso spannender, als die GRÜNEN auf der Ebene der Bundesländer gerne Volksbegehren unterstützen, oder sogar initiieren.

Am Ende des Tages hat sich gezeigt, dass ein anderes Bündnis mehr Energie aufnehmen konnte, Abstimmung 21.

Dann kam ein Anruf

Ein bayrisches Bündnis wollte dafür sorgen, dass Klimaschutz in die bayrische Verfassung geschrieben würde und damit mehr Klimaschutz in Bayern erreichbar sei. Die Anfrage war, ob ich die Kampagnenleitung übernehmen wolle.

Nach einigem Überlegen war mir klar, dass dieses Vorhaben nur eine Chance hätte, wenn es gelänge, ein größeres Bündnis zu zimmern. Idealerweise mit den Initiatoren des Volksbegehren Artenvielfalt, FridaysForFuture und anderen.  Weiterhin war mir nicht klar, ob ein Eintrag in die Verfassung die richtige Idee war. Ich bat darum, als Unterhändler tätig werden zu können und Sondierungen zu unternehmen. 

Das Resultat war, dass alle Wunschorganisationen intensiv in die Debatte gingen, neue Gesetzestexte schrieben und Kampagnenvorbereitungen trafen. Für mich war der entscheidende Faktor, die Unterschriften vor der Sommerpause zu sammeln, abzugeben und kurz vor der Bundestagswahl das Volksbegehren zu bekommen. Damit mit mehr als 1 Mio. Wahlberechtigten, die vor den Rathäusern Schlange stehen, ein deutliches Zeichen nach Berlin ausgesendet würde:

Die Menschen sind längst weiter, als die Politik, gemeinsam schaffen wir eine Klimagesetzgebung, die ihren Namen verdient.

Leider wurde durch die langwierigen Vorbereitungen und die dritte Welle der Corona-Pandemie sehr viel Zeit verloren. Das eigentliche Ziel war nicht mehr zu halten. Ich bekam Zweifel daran, dass das Vorhaben tatsächlich noch die angestrebte Wirkung entfalten könne. Denn man muss wissen, ein Volksgesetz darf viele Dinge nicht enthalten, es ist nur ein Anstoß, umfangreiche Klimamassnahmen gesetzlich beschließen, das können nur die Parlamente.

Ein Volksbegehren ist ein derart komplexes Vorhaben. Wenn nicht alle Indikatoren günstig erscheinen, ist es besser, nicht zu starten. Ein Volksbegehren sollte für die Menschen gestartet werden, die gerne etwas verändern wollen, aber Ohnmacht empfinden. „Was kann ich alleine schon tun?“ Ein Volksbegehren gibt den wahlberechtigten Menschen eine Chance, sich als selbstwirksam zu erleben. Die Dinge verändern zu können. Also sollte es auch in diesem Sinne gestartet werden, auch wenn meist große Organisationen als Initiatoren dahinter stehen.

Für mich gilt: Ich muss selbst zu 100% daran glauben, dass es gelingt. Mit Zweifeln in eine Kampagne zu gehen, hilft nicht weiter. Deshalb empfinde ich meine Entscheidung, mich zu diesem späten Zeitpunkt nicht als Kampagnenleiter einzubringen, als richtig.

Warum wirksame Klimaschutzgesetze in „D“ schwer durchsetzbar sind!

Kaum jemand kennt den Vertrag ECT, den über 50 Länder unterschrieben haben. Der Vertrag der Konzerne berechtigt, gegen nationale und sogar europäische Klimaschutzgesetzgebung zu klagen und damit ERFOLG zu haben.

Der „Energy Charter Treaty“, kurz ECT, ist ein 1994 geschlossener Vertrag, der ähnlich wie CETA und andere Initiativen private Schiedsgerichte ermöglicht, wenn Konzerne Einschränkungen durch nationale Gesetzgebung zu befürchten haben. 

Während in den ersten Jahren seiner kaum bekannten Existenz nur wenige Klagen angestrebt wurden, steigen diese derzeit exponentiell. Wir kennen die horrenden Vergleiche, die Nationalregierungen lieber schließen, als durch ein Urteil zu noch extremeren Vertragsstrafen verurteilt zu werden.  RWE und der deutsche Kohle-Ausstieg ist ein Beispiel. Derzeit bekannte Klagen wurden gegen Italien und die Niederlande angestrebt. Die Prozesse finden jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, deshalb ist unklar wie viele Klagen gegen mehr nationalen Klimaschutz gerade angestrebt werden, oder laufen.

Zombie-Klausel

Jede Vertragspartei kann zwar jederzeit den Vertrag aufkündigen, jedoch sind die Austretenden noch jahrelang haftbar, für Gesetzgebung, die den ursprünglich ausgehandelten Bedingungen widersprechen. Über allen Regierungen hängen Damoklesschwerter. Leider erfahren wir das nicht, es gibt keine breite Debatte in der Öffentlichkeit, Politiker:innen scheuen diese Debatte.

Der ECT ist also das Instrument, das wirksamen Klimaschutz verhindert, denn er erkennt weder das Pariser Kliaabkommen (1,5° Celsius Ziel) an, noch schärfere Gesetzgebung der Länder. Deshalb überbieten sich derzeit zwar alle Parteien mit Versprechen zu schärferen Klimazielen, aber sie schreiben die Massnahmen dafür nicht fest. Genau wissend, dass jede gesetzliche Massnahme eine sofortige Klage der fossilen Konzerne nach sich ziehen würde, die sich ungehemmt an der Zerstörung der Erde beteiligen. Allen voran auch deutsche Konzerne wie RWE und andere. 

Somit steht für mich vor einem Klimaschutzgesetz – erzwungen durch direkte Demokratie (vermutlich das einzige Mittel) – der Austritt von möglichst vielen Ländern aus dem ECT und seine politische Ächtung im Mittelpunkt. Ohne eine Entmachtung dieses Werkzeugs werden wir Bürger:innen mit unseren Steuergeldern bezahlen, was fossile Konzerne einklagen werden. Wohlbemerkt nicht nur Verluste aus laufenden Einnahmen, sondern sogar an geschätzten Gewinnen in der Zukunft!

Letztes Beispiel, die Abfindungen im Kompromiss um den deutschen Kohleausstieg. Fast 5 Mrd. € gehen an LEAG und RWE.

Im Video mehr Informationen.

Der Vortrag wurde vom Münchner Forum für Nachhaltigkeit organisiert. (Dauer ca. 40 Min.)